Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts hat mit Urteil vom 8. Juli 2022 Joseph S. Blatter und Michel François Platini von den Vorwürfen des Betrugs, eventualiter Veruntreuung bzw. Gehilfenschaft dazu, subeventualiter ungetreuer Geschäftsbesorgung bzw. Gehilfenschaft dazu sowie Urkundenfälschung vollumfänglich freigesprochen. Das Verfahren wegen einfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung hat es zufolge bereits vor Anklageerhebung eingetretener Verjährung eingestellt.
Die Anklage warf Joseph S. Blatter und Michel François Platini zusammengefasst vor, zum Nachteil der FIFA unrechtmässig eine Zahlung von Fr. 2 Millionen sowie Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von Fr. 229'126.– zugunsten von Michel François Platini erwirkt zu haben. Unter anderem habe Michel François Platini hierzu im Jahr 2011 der FIFA eine mutmasslich fiktive Rechnung für eine (angeblich) noch bestehende Forderung für seine Beratertätigkeit für die FIFA in den Jahren 1998 bis 2002 eingereicht. Nach Unterzeichnung dieser Rechnung und Bestätigung des Bestandes der Forderung durch Joseph S. Blatter habe die FIFA zugunsten von Michel François Platini die entsprechende Forderung (inkl. Sozialversicherungsbeiträge) beglichen. Dadurch hätten sich Joseph S. Blatter und Michel François Platini des Betrugs, eventualiter der Veruntreuung (Joseph S. Blatter) bzw. Gehilfenschaft dazu (Michel François Platini), subeventualiter der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Joseph S. Blatter) bzw. Gehilfenschaft dazu (Michel François Platini) sowie der Urkundenfälschung schuldig gemacht.
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts hat beide Beschuldigten von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen und das Verfahren mit Bezug auf den Grundtatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung zufolge bereits vor Anklageerhebung eingetretener Verjährung eingestellt.
In prozessualer Hinsicht hatte sich die Strafkammer insbesondere mit der Frage der Beweiserhebung und des genügenden Anfangstatverdachts für die im September 2015 zunächst nur gegen Joseph S. Blatter verfügte Verfahrenseröffnung zu befassen. Nach Prüfung der Verfahrensakten sowie noch während der Hauptverhandlung durchgeführten Beweiserhebungen kam die Strafkammer zum Schluss, dass zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zahlreiche Verdachtsmomente vorlagen, welche auf durch die Bundesanwaltschaft regelkonform erhobenen Beweismitteln gründeten, und diese daher im Sinne des strafprozessual vorgesehenen Verfolgungszwangs (Art. 7 StPO) gerechtfertigt war.
In materieller Hinsicht war hauptsächlich zu prüfen, ob die inkriminierte Überweisung von Fr. 2 Millionen zugunsten von Michel François Platini, wie von den beiden Beschuldigten behauptet, die Bezahlung der Restforderung von Michel François Platini aus seiner Beratertätigkeit für die FIFA von 1998 bis 2002 darstellte, welche sich auf eine mündliche Vereinbarung zwischen Joseph S. Blatter als Vertreter der FIFA und Michel François Platini aus dem Jahre 1998 abstützte und worin für Michel François Platini eine jährliche Entschädigung von Fr. 1 Million vereinbart worden war, oder ob es sich hierbei gemäss Anklage lediglich um eine Schutzbehauptung handelte, um die von der FIFA nicht geschuldete Zahlung von Fr. 2 Millionen zu legitimieren und ausführen zu lassen. Nach Prüfung und Auswertung sämtlicher Beweismittel und Indizienbeweise sowie Anhörung verschiedener Zeugen in der Hauptverhandlung, kam die Strafkammer zum Schluss, dass das Beweisergebnis die Version der Beschuldigten stützt, der Anklagesachverhalt mithin nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als erstellt gelten kann und dem Gericht an der Version der Anklagebehörde ernsthafte Zweifel bleiben. Entsprechend war hinsichtlich der inkriminierten Zahlung von Fr. 2 Millionen in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" auf die für die Beschuldigten günstigere Sachverhaltsvariante abzustellen, was in sämtlichen Anklagepunkten zu einem Freispruch führte. Hinsichtlich des Vorwurfs der ungetreuen Geschäftsbesorgung bedeutete der mündliche Vertrag, dass Michel François Platini eine Forderung auf die Bezahlung der Fr. 2 Millionen hatte, wenngleich diese allenfalls (teilweise) verjährt war, so dass keine Absicht unrechtmässiger Bereicherung im Sinne des qualifizierten Tatbestands gemäss Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB vorlag. Ob allfällige Pflichtverletzungen im Sinne des Grundtatbestands gemäss Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB begangen wurden, war zufolge bereits vor Anklageerhebung eingetretener Verjährung nicht zu prüfen. Entsprechend hatte diesbezüglich eine Verfahrenseinstellung zu erfolgen. Vom Freispruch umfasst war schliesslich auch die Ausrichtung der inkriminierten Sozialversicherungsbeiträge. Diesbezüglich ergab die Beweiswürdigung nämlich, dass diese bei ihrer Entrichtung im Jahre 2011 aufgrund der damals innerhalb der FIFA gelebten Praxis geschuldet waren.
Die Zivilklagen der Privatklägerin FIFA verwies die Strafkammer auf den Zivilweg. Joseph S. Blatter und Michel François Platini sprach sie jeweils eine Entschädigung für ihre Aufwendungen im Verfahren zu, Joseph S. Blatter zudem eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 20'000.-. Vom Verzicht von Michel François Platini auf Ausrichtung einer Genugtuung wurde Vormerk genommen.
Die schriftliche Begründung dieses Urteils erfolgt zufolge des Freispruchs nur dann von Amtes wegen, wenn ein Rechtsmittel dagegen ergriffen wird, oder auf Ersuchen einer Partei innert 10 Tagen seit Erhalt des Dispositivs (Art. 82 StPO).
Beilagen: Dispositiv SK.2021.48
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